Tipps für die Wahl des Hochzeitsfotografen

Es folgt der Originaltext aus dem Jahr 2018 des Porträtfotografen Christian Anderl aus Wien, den ich sehr schätze und bei dem ich mich immer wieder weiterbilde.


https://christiananderl.com/blog/tipps-fur-die-wahl-des-hochzeitsfotografen/


Zitat:

"Natürlich sollte die Hochzeit nie der schönste Tag des Lebens sein, sonst gings von dort an ja nur noch bergab.

Aber diese philosophische Grundsatzfrage wollen wir an dieser Stelle nicht erörtern. Wenns euch trotzdem wichtig sein sollte, können wir uns darüber gern in den Kommentaren unterhalten).

 

Es ist bestimmt nicht meine Absicht, mit diesem Artikel jemandem auf die Zehen zu treten. Aber nachdem ich einige Hochzeitsfotografen sowohl online, als auch im echten Leben etwas mitverfolgt habe, viele mit BE- manche mit VERwunderung, ist es mir ein echtes Anliegen, meine Gedanken und Auswahlkriterien mit euch bald heiratenden zu teilen....

Bevor wir uns um Details kümmern können, gehen wir erst mal davon aus, dass Ihr von eurer Hochzeit schöne Fotos haben wollt!

Wenn euch die Qualität eigentlich egal ist und für euch eigentlich nur das Budget zählt, dann könnt ihr 1. einfach allen Gästen sagen, sie mögen euch die Fotos aus ihren iPhones, Kompaktkameras und Spiegelreflexkameras die sie sowieso mitbringen, nach der Hochzeit in eine Dropbox stellen.

Das kostet garnichts und ihr habt viele Fotos von dem Tag.

Und 2. könnt ihr hier aufhören zu lesen.

Win-Win

 

Niemals ohne Portfolio

Ein guter Hochzeitsfotograf hat ein anständiges Portfolio auf seiner Website das einen Überblick über den Stil gibt, der euch erwartet.

 Fragt auch ruhig nach ganzen Hochzeitsgalerien. Ich würde keinen Hochzeitsfotografen buchen, ohne einen wirklichen Eindruck von der Arbeit des Fotografen zu haben. Ein guter Hochzeitsfotograf wird euch auch mit Sicherheit eine oder mehrere Galerien ganzer Hochzeiten zeigen....

 

Schließlich wollt Ihr ja sehen, wie Eure Hochzeitsfotos im Ganzen aussehen könnten, nicht nur wie die 10 besten Fotos des Fotografen aussehen. Hat er oder sie ein Auge für Details und Kleinigkeiten, fängt er Momente ein, oder macht er nur technisch korrekte Bilder von dem Tag. Entsprechen sein Stil, seine Vorstellung von Farben und Stimmungen euren Vorstellungen? Erst wenn man eine ganze Hochzeit gesehen hat, hat man auch wirklich eine Vorstellung davon, was man kauft.

 

ICH BIN „AVAILABLE LIGHT FOTOGRAF“

 

(Auch „Naturlichtfotograf“ oder Ähnliches)

 Wenn ihr diesen Satz, in welcher Form auch immer, irgendwo lesen oder hören solltet, dann ist mein gut gemeinter Rat ganz einfach – Hier ist zumindest Skepsis angebracht.

 

Dieser Satz ist für mich nahezu angsteinflößend.

 

Weil er irgendwie ja fast ein wenig schön klingt. Man läßt sich schnell dazu hinreissen, dem etwas künstlerisches oder tiefgreifendes abzugewinnen. „Ich mags einfach eher natürlich, ich bin kein Freund von Kunstlicht“ … Aha … Wow … Ein Ästhet …?

 

Mir ist klar, wie viele Fotografen für diese Worte jetzt über mich herfallen werden, aber ganz ehrlich, ich unterrichte seit vielen Jahren Fotografen und ich habe die Geschichte von „Natürliches Licht ist einfach viel schöner“ schon so oft gehört.

 

Nein, da muß ich euch enttäuschen.

Im Grund genommen sagen die meisten Fotografen, die sich selbst reine Available Light / Naturlicht Fotografen nennen, nichts weiter als „bitte bringt mich nicht in Situationen wo ich mit Blitz arbeiten muss, ich hab Angst vor den Dingern“....

 

Ein Fotograf bevorzugt eigentlich immer natürliches Licht.

 

Sonnenlicht, zur richtigen Zeit, wenn es schön ist, kann durch keinen Blitz der Welt geschlagen werden.

 

Aber ein guter Hochzeitsfotograf weiß mit Licht umzugehn.

Natürlich, manche Fotografen arbeiten vorwiegend mit Naturlicht, so wie manche lieber mit Kunstlicht arbeiten. Das ist eine Stilfrage. Aber ein Hochzeitsfotograf bevorzugt immer natürliches Licht, kann aber wenn nötig gezielt an den richtigen Stellen auch Kunstlicht einsetzen und schließt das nicht von vornherein pauschal aus.

 

Es macht jedenfalls nicht wirklich Sinn, dass ein Hochzeitsfotograf sich als Available Light Fotograf bezeichnet. Wenn doch – fragt zumindest mal nach was da los ist.

 

Blitzen bei der Trauung ist (für mich) absolut tabu!

 

Verwirrend jetzt, ich weiß.

Grad noch sag ich, ein anständiger Fotograf kann auch anständig mit Blitzlicht umgehn und dann das?

 

Möglicher Weise ist das eine rein persönliche Geschmacksache, aber ich finde, bei einer Hochzeit hat ein Blitz nur in sehr wenigen Situationen etwas verloren. Keinesfalls aber bei der Trauung selbst. Eine aktuelle Spiegelreflex- oder Systemkamera kombiniert mit einem lichtstarken Objektiv kann auch in einer etwas düsteren Kirche noch sehr schöne Bilder einfangen.

Dafür hats während eures Eheversprechens, des Ring ansteckens und vor allem bei eurem Kuss danach nicht 500 mal geblitzt.

Für mich jedenfalls wäre das absolutes Tabu. Es reicht schon, dass Freunde und Familie die ihre Kameras nicht im Griff haben vermutlich oft genug den Raum erhellen. Womit wir überhaupt schon beim nächsten – für mich – sehr wichtigem Punkt wären:

 

DISKRETION!

Mir wird ganz warm, aber die unangenehme Version von warm, wenn ich sehe welche „Entertainer“ manche Fotografen bei Hochzeiten sein wollen. Da läuft der oder die Einzige, die niemand wirklich kennt, mit einem riesigen Fotoapparat durch die Gegend, Blitzt in einer Tour und redet dann auch noch ständig dazwischen. „Bitte, hier mal kurz herschaun, ja so is schön, vielleicht a bissl freundlicher noch, hm,… die Hand dort bitte …PSSSCCCCHT!

 

Für mich ist ein wirklich guter Hochzeitsfotograf so unauffällig wie möglich.

Momente kann man nur einfangen, wenn man möglichst wenig selbst daran teilnimmt und diese Momente nicht verfälscht. Und kein anderer Tag ist voller mit Momenten, als ein Hochzeitstag.

Natürlich kann man diese Eigenschaft im Vorfeld nur schwer abtesten. Aber man kann einen Fotografen durchaus darauf ansprechen, dass man sich jemanden wünscht, der die Momente einfängt, keinen Hochzeitsanimateur.

 

Achtet also unbedingt darauf, dass ihr persönlich mit eurem Hochzeitsfotografen klarkommt. Sympathie mit ihr oder ihm ist wichtiger, als euch Gedanken drüber zu machen, mit welcher Kamera gearbeitet wird.

 

WER BILLIG KAUFT, KAUFT FRUST!

 

Wenn euch etwas daran liegt schöne Fotos als Erinnerung an diesen Tag zu haben, dann überdenkt mal die Wertigkeit dieser Bilder.

 

Viele Brautpaare geben für das Essen bei ihrer Hochzeit ein vielfaches dessen aus, was der Fotograf kostet. Und sie bestellen das Essen auch um Monate früher als den Fotografen. (Warum ein guter Hochzeitsfotograf auch gute Preise verlangt, dazu kommen wir später noch, keine Sorge)

Warum sollte das Essen eines Abends, das in 1-2 Stunden verputzt und mit Hektolitern an Alkohol weggespült wird (ganz abgesehen davon, dass es spätesntesn am nächsten Morgen in den ewigen Jagdgründen versenkt wird) erheblich mehr Wert sein, als die Fotos die Ihr (so ihr das Versprechen das ihr euch gebt auch haltet) den Rest eures Lebens anschauen werdet.

 

Wer hat nicht schon mal eine Hochzeit erlebt, bei der ein Freund oder Verwandter der Familie, der selbst begeisterter Hobbyfotograf ist, weitaus bessere Bilder abgeliefert hat, als der gebuchte Fotograf.

Meistens liegt das eben daran, dass der Amateur, der für die Fotografie brennt, wesentlich mehr Liebe ins Detail steckt, sich darauf konzentriert Momente zu sehen und einzufangen. Auch wenn die möglicher Weise nicht immer technisch korrekt sind, die Bilder haben Leben und geben den Tag wieder.

 

Und darum gehts bei Hochzeitsfotos....

 

„NA, DEN STUNDENLOHN HÄTT ICH GERN!“

Dieser Denkfehler trifft nicht nur Hochzeitsfotografen, sondern alle Mitarbeiter so ziemlich jeder Kreativbranche.

 

Deshalb tu ich euch und mir jetzt mal eine kleine Rechenübung an und widme dem Thema Kosten ein wenig mehr Zeit. Ihr seid bei der Vorbereitung eurer Hochzeit ohnehin schon an Rechnungen gewöhnt.

 

Um die Rechnung zu vereinfachen, nehmen wir mal an, der Fotograf hat inkl. An- und Abreise 10 Stunden bei der Hochzeit zu tun und verrechnet dafür € 2.000,-. Damit ist dann ganz klar – der hat einen Stundenlohn von € 200,-. Und das ist natürlich vollkommener Unsinn.

 

Ein Hochzeitsfotograf (wie jeder andere Fotograf auch) ist eine kleine Firma.

 

Eine Firma, die Ausrüstung anschaffen muss (und die ist absolut nicht günstig) die Aufwände außerhalb der verrechneten Stunden hat (Büro und/oder Studio, Auto, Computer, Software, Organisation, Website, Buchhaltung, Werbung, Assistenten, Ausrüstungswartung, Weiterbildung, usw) und die nicht nur das Alles finanzieren muss, sondern am Ende des Tages auch noch Geld zum Überleben braucht. Beim Essen im Restaurant zahlen wir ja auch ganz selbstverständlich nicht nur den Materialwert der Schnitzerl. Da hängt der Koch, der Kellner, das Geschirr, das Besteck, die Möbel,… Ihr wißt worauf ich hinaus will....

 

...weiterer Text siehe "Über mich"

Warum ich so ausführlich geworden bin und auf diesen Punkt so viel Wert lege, ist inzwischen hoffentlich klar. Ein seriöser Hochzeitsfotograf, der Qualität abliefert und von seiner Arbeit leben will, (ohne einen Nebenjob anzunehmen oder sich permanent an der Grenze zum Burnout zu befinden während er in seinem unbeheiztem Studio schlafen muss) kann es sich einfach nicht leisten, billiger für euch zu arbeiten.

 

Klar kann ich jetzt die Fotografen hören, die meinen, es wäre eine Frechheit von mir zu behaupten, jemand der für € 700,- eine ganze Hochzeit fotografiert, kann keine gute Arbeit abliefern. Aber so leid mir das tut, genau das ist der Fall. Ich behaupte das nicht nur, ich weiß das. Für € 700,- kann ein Fotograf nur mit günstigem Werkzeug anreisen und sich keine Zeit dafür nehmen mir wirklich schöne Fotos zu machen. Und ich weiß auch, dass er bei diesem Honorar unmöglich viel Geld und Zeit in sich selbst und seine Arbeit investiert haben kann. Aber genau das erwarte ich. Jemanden, der weiß was er tut und der nicht bei meiner Hochzeit übt. Also nochmal – wer zu billig anbietet kann keine gute Arbeit liefern. So wie Mc Donalds nun mal für einen Euro keinen Tafelspitz von Plachutta mit Beilagen aus dem Drive In schmeissen kann.

 

DIE NEWCOMER AUSNAHME

 

Weil ich darauf jetzt schon einige male von Kollegen angesprochen wurde – „Ja aber was ist mit den Newcomern, die eigentlich gut sind, aber noch kein Portfolio haben, was sollen die denn verrechnen, denen zahlt das doch nie jemand.“ Das stimmt. In diesem Geschäft muss man sich erst mal ein Portfolio erarbeiten, damit man übliche Preise bezahlt bekommt. Und mit etwas Glück findet ihr so einen Newcomer auch. Aber wie das mit Glück so ist – damit sollte man nicht kalkulieren. Ihr kalkuliert euren Familienhaushalt ja auch nicht mit einem Lottosechser, nur weil es den gibt. Wenn ein Newcomer gut ist, dann wird er mit jedem Job seinen Preis heben und relativ rasch die marktüblichen Honorare verrechnen.

 

ONKEL FRITZ IST KEINE LÖSUNG

 

Ich möcht mich erst mal bei jedem Fritz, der das hier liest, entschuldigen. Das ist wirklich nicht persönlich gemeint. Onkel Fritz ist einfach eine Kunstfigur. Ok? Aber wir kennen sie Alle, egal ob sie Onkel Fritz, Franz, Ferdl oder einfach ein Freund des Brautpaares sind. Die Menschen, die „ja eh auch eine super Kamera besitzen“. Fragen wir den doch einfach ob er die Hochzeit fotografiert. Da wirds heikel. Zuerst mal lade ich euch zu einem simplen Gedanken ein: Wenn ich euch sage, dass ich einen fantastischen neuen Herd habe, seid ihr dann schon überzeugt davon, dass ich ein Haubenkoch bin und würdet ihr mir ohne weiteres die Gestaltung eures Hochzeitsmenüs übertragen?
Ich will ja garnicht abstreiten, dass es in manchen Fällen, mit einem sehr motiviertem Onkel Fritz, tatsächlich eine gute Idee ist, wenn der die Fotos macht. Allerdings würde ich das nur in Betracht ziehen, wenn Onkel Fritz selbst das anbietet. Und auch dann würde ich mich zuerst mal davon überzeugen, ob Onkel Fritz das wirklich kann und will. Möglicher Weise ist Onkel Fritz ja von der hinreissenden Brautjungfer so abgelenkt, dass er einfach mal einige Zeit lang vergißt was er mit der Kamera in der Hand eigentlich machen wollte. Ist ja auch nicht sein Job. Er ist ja auch ein Gast. Und es steht ihm durchaus zu, sich von der Brautjungfer ablenken zu lassen. Außer Tante Mizzi sieht das anders. Was sie vermutlich tut.

 

Macht euch klar, dass das richtig harte Arbeit ist. Nicht einfach nur bei einer Hochzeit sein und ein paar Fotos machen. Niemand wird gern zu sowas verdonnert. Der Fotograf macht mehr Kilometer zu Fuß an dem Tag, als die gesamte Hochzeitsgesellschaft zusammen. (Und damit übertreib ich vermutlich nicht mal.) Er schleppt dabei einiges an Gewicht auf seinen Schultern herum. Und er muss – wenn er gut ist und versucht so viele Momente wie möglich einzufangen – den ganzen Tag konzentriert sein. Es ist ein riesen Irrtum zu glauben, ein Hochzeitsfotograf ist ein weiterer Gast mit einer Kamera. Ich kann euch von den Hochzeiten die ich gemacht hab eines sagen – Selten war ich so erledigt nach einem Job, wie nach einer Hochzeit bei der ich fotografiert habe.

 

Der langen Rede kurzer Sinn – verleiht der Wahl eures Fotografen für die Hochzeit den richtigen Stellenwert, dann seid ihr nicht im Nachhinein enttäuscht, weil das einzige das (abgesehen von dem fantastischen Gefühl verheiratet zu sein und dem Ring am Finger) von dieser Hochzeit greifbar und sichtbar übrig bleibt, nicht so schön geworden ist, wie ihr das gerne gehabt hättet. Schlimmstenfalls endet das ganze in einem Disaster wie diesem ( – klick)! Und bucht rechtzeitig, die besten Fotografen sind oft schon ein Jahr im Voraus ausgebucht!

 

Gutes Gelingen und einen schönen schönsten Tag, mit vielen schönen danach. " Zitat Ende